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Antiimperialistische Initiative Nürnberg/Fürth

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Archiv der Kategorie: Theorie

Interessante Veranstaltungen auf der Linken Litmesse:

Antiimperialistische Initiative Nürnberg/Fürth Veröffentlicht am 12. November 2017 von Thomas13. November 2017

Einige Veranstaltungen auf der Litmesse solltet ihr nicht verpassen:

1.) DKP Nürnberg  und Compress-Verlag laden ein zu Erich Schaffner:
100 Jahre Oktoberrevolution – Lenin, Majakowski und ich
Samstag, 18.11., 16:00 – 18:00 Uhr im Künstlerhaus, Königstr. 93, Vorsaal.

Schaffner auf der LitmesseErich Schaffner, Schauspieler und Rezitator aus Mörfelden, spricht und singt Lieder, Gedichte, Texte und Szenisches von Lenin, Karl Kraus, Majakowski, Brecht, Weinert und auch anderen, deren Namen heute fast vergessen sind.

Am Klavier wird er begleitet von Georg Klemp.

Eintritt ist frei

 

 

2.) Reinhard Lauterbach, Sa 13 Uhr, Seminarraum:
„Kampf um die Ostsee – ein Kriegsschauplatz wird vorbereitet“,
– Tageszeitung junge Welt –

Das nördliche Osteuropa zeichnet sich als ein Brennpunkt des neuen Kalten Kriegs ab. Die NATO stationiert Truppen im Baltikum, Russland hat starke Abwehrmittel in der Region Kaliningrad stationiert. Es geht der NATO darum, den Ostseeraum als Ausgangspunkt für die Bedrohung Russlands herzurichten; Moskau hat das – bisher – erfolgreich verhindert. Genau deshalb kann es gar nicht interessiert sein, den Status Quo zu ändern. Im Gegensatz zur NATO.

3.) André Scheer, Sa 15 Uhr, KOMM-Kino:
„Venezuela braucht unsere Solidarität“
– Tageszeitung junge Welt –

Lange schien die Linke in Venezuela in der Defensive: Verlust der Parlamentsmehrheit, drohende Entmachtung von Präsident Maduro. Mit der Wahl einer verfassunggebenden Versammlung konnten die Chavistas wieder Raum gewinnen. Venezuelas Unternehmer und die politische Rechte überziehen das Land mit Gewalt, sie werden unterstützt durch USA und EU. Trotz dieser Klassenkampfsituation reden nun auch Linke vom „Diktator“ Maduro. Dabei ist Solidarität jetzt besonders wichtig.

4.) Gabriele Rollnik, (ehem. Stadtguerillagruppe 2. Juni) stellt am Sa 18 Uhr im Vorsaal vor :
„Assata Shakur. Eine Autobiografie“
– LAIKA-Verlag –

Assata Shakur, Patentante des Rappers TUPAC, Mitglied der Black Panther Party und Mitbegründerin der Black Liberation Army, gibt mit ihrer Autobiografie Einblick in den tief verwurzelten Rassismus in den USA, erzählt vom Aufbruch der militanten schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den 60er- und 70er-Jahren. Sie berichtet aus ihrer Zeit im Gefängnis und über die rassistische Struktur des US-amerikanischen Justizsystems.

5.) Stefan Bollinger, Sa 19 Uhr, im Glasbau:
„Lenin“
– PapyRossa Verlag –

Theoretiker, Stratege, marxistischer Realpolitiker – Angefeindet, bekämpft und schließlich angeschossen, unternahm es der Revolutionär, Theoretiker und Realpolitiker Lenin, einen völkermörderischen Krieg zu beenden und unter schwierigsten Bedingungen eine sozialistische Gesellschaft zu errichten. Stefan Bollinger rekonstruiert sein Denken und Handeln und fragt, was davon auch heute nützlich sein könnte.

=> http://www.linke-literaturmesse.de/

– Interessante Veranstaltungen auf der Linken Litmesse –

Veröffentlicht unter Theorie

Die DKP und die nationale Frage

Antiimperialistische Initiative Nürnberg/Fürth Veröffentlicht am 24. Oktober 2017 von Thomas7. November 2017

Kritischer Kommentar zum Referat von Günter Pohl (Internationaler Sekretär der DKP) auf der 10. PV-Tagung am 8. 9. 2017 in Essen zum Thema Kurdistan:

Wir haben es natürlich schon begrüßt, dass endlich eine linke Organisation, noch dazu die DKP mit ihren internationalen Kontakten, anfängt das Thema Kurdistan kritisch anzugehen.

Aber: Uns ist diese sanfte, überaus diplomatische Kritik von Günther Pohl im­mer noch viel zu zaghaft und wir glauben dass die verschiede­nen Punkte der nationalen Frage in der deutschen Arbeiterbewegung wie­der deutlicher und stärker diskutiert werden müssten.

Und hier aber nicht nur die Probleme nationaler Befreiungsbewegungen wie in Kur­distan, sondern auch die Probleme mit dem hier in der BRD in Teilen der kleinbürger­lichen Linken vorherr­schenden Nationalen Nihilismus, der Kehrseite des Nationalis­mus. und einem Kosmopolitentum, das dem proletarischen Internationalismus entge­gensteht und objektiv dem Imperialismus dient!

Es ist ja nicht so, dass eine Partei die in der Tradition der 3. Internationale steht, wie die DKP, da mit der Diskussion völlig neu beim Punkt null anfangen müsste!

Wir haben doch bereits einige theoretische Schriften, auf die wir in der Diskussion zurückgreifen können:

Titelblatt Lenin zum Thema Nationale FrageDie Bolschewiki begannen schon vor der Oktoberrevolution, sich mit diesem Thema zu befas­sen und trugen diese Diskussion auch in die Komintern hinein und wir sollten auf diese Schrif­ten heute wieder zu­rückgreifen!

Von Dezember 1912 bis Februar 1913 hielt sich der kurz zuvor ins ZK der SDAPR(B) koop­tierte Sta­vros Papadopoulos auf Wunsch Lenins im Vielvölkerstaat Österreich auf, um dort an dem grundlegen­den Arti­kel „Marxismus und nationale Frage“ zu arbeiten, der bereits im März 1913 in der Zeitschrift „Prosweschtsdienije“ (Die Aufklärung), ei­ner bolschewistischen le­galen Monatsschrift, in Peterburg er­schien.

Oder von Lenin der Text: „Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung“ (1916) und ebenfalls von Lenin: „Ursprüngli­cher Entwurf der Thesen zur nationalen und kolonialen Frage“ (1920 für den Zweiten Kongress der Kommunistischen Internationale ge­schrieben)

Ein weiterer längerer Text, der auch wieder mal durchgearbeitet wer­den müsste, wäre: „Über die Grundlagen des Leninismus, Die na­tionale Frage“ (Aus einer 1924 an der Swerdlow-Universität gehalte­ne Vorlesungsreihe)

Zu diskutieren sind hier in Zusammenhang mit der Kurdistanfra­ge z.B. solche Kernpunkte wie:

„Lenin hat recht, wenn er sagt, dass man die nationale Bewegung der unterdrückten Länder nicht vom Standpunkt der formalen Demo­kratie, sondern vom Standpunkt der wirklichen Resultate in der Gesamtbilanz des Kampfes gegen den Imperialismus einschätzen muss, das heißt „nicht isoliert, sondern im Weltausmaß“

***

Wir beziehen uns mit unserm kritischen Kommentar nur auf den den unten stehenden Ab­schnitt des Referats von Günter Pohl (Internationaler Sekretär der DKP) auf der 10. PV-Tagung am 8. 9. 2017 in Essen. (Zum schlampigen Umgang mit Lenins Imperialismus-Definition in anderen Teilen des Referats schrieb ja schon Willi Gerns „Kritische Anmerkungen zur Rede Günter Pohls auf der 10. PV-Tagung“ in der UZ vom 6. Oktober 2017)

Abschnitt aus dem PV-Referat auf den wir uns beziehen:

„Die DKP verteidigt sowohl die territoriale Integrität der Staaten der Region als auch das Recht des kurdischen Volks auf Selbstbestimmung innerhalb Syriens.

Das … Pro­jekt der Neuord­nung des Nahen und Mittleren Ostens (gemeint ist hier das US-Pro­jekt „New Middle East“) ist durch die russische Entschlos­senheit zwar ge­bremst, aber zumin­dest partiell noch im Visier des Imperialismus.

Denn der Kern des „New Middle East“ ist die komplette Zerstörung des Irak als Staat, mit der Grün­dung von sunni­tischen, schiitischen und kurdischen Siedlungsgebieten, was auch zu Las­ten Syriens, der Tür­kei und des Iran gehen würde.

Die USA haben sich im Sinne dieser Strategie zum gegenseitigen Nutzen mit den Kräften der kurdi­schen Volksverteidigungseinheiten YPG bzw. PYD verbündet, indem sie sie mit Waffen und militäri­scher Logistik versorgen.

Diese wenden sich entschieden gegen den Islamischen Staat, was aber nur zu Zeiten der Be­freiung von Kobane im Sinne der Vereinigten Staaten war, und sie wenden sich natür­lich grundsätzlich (aber hier nicht militärisch) gegen die Türkei. Dabei ist gesondert zu be­trachten, in welchem Verhältnis sich die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei besonders im Zusammenhang mit dem Putsch gegen die AKP-Regierung befinden.

Denn die USA stärken die kurdischen Einheiten heute sicher auch gegen türkische Interes­sen, aber genauso nutzen sie sie als Spaltpilz für eine Nachkriegsordnung für Syrien, nach­dem man die Ver­fasstheit des Landes trotz aller direkten und indirekten Anstrengung nach heuti­gem Stand der Dinge nicht eliminieren kann.

Dazu gehört, dass die Einheiten der YPG in Zusammenarbeit mit den US-Truppen nun auch außer­halb kurdischer Gebiete kämpfen und dabei der syrischen Armee die Befreiung weiterer Gebiete vom IS erschweren, welche die Kurden und die USA als Faustpfand ge­gen die Assad – Regierung haben wollen (Al – Raqqa).

Die Emanzipation des kurdischen Volks in seinen Siedlungsgebieten, die auf dem Territo­rium der Tür­kei, Syriens, Armeniens und des Irak liegen, ist durchaus eine notwendige Bedingung für ein respekt­volles Zusammenleben der verschiedenen Völker.

Die irakischen Kurd/inn/en unter Masud Barzani führen nach über zehn Jahren in zwei Wo­chen ein zweites Unabhängigkeitsreferendum durch; und die syrischen Kurd/inn/en wollen Au­tonomie.

Ein eigener Staat (den die syrischen Kurd/inn/en derzeit nach eigener Aussage nicht anstre­ben) wäre jedoch so sehr im Sinne der imperialistischen Staaten, dass er sich für die Kurden selbst als kontra­produktiv erweisen könnte.

Eine Syrische Föderation mit autonomen Rechten für die kurdische Minderheit kann zwar mit­telfristig eine Lösung sein, schwerlich aber in Zeiten des Krieges und den vermutlich noch Jahre andauernden Kämpfen lokaler Machthaber.

Das komplizierte Verhältnis zwi­schen einer emanzipatorischen Entwicklung des kurdischen Volks ge­genüber der Arabi­schen Republik Sy­rien und der Verteidigung des Staatsgebildes Syrien gegen die terroris­tischen Angriffe des IS (und damit des Imperialismus) spricht gegen schnellere Schritte. Wahr­scheinlich kann das Thema der Kurd/inn/en in Syrien auch nicht los­gelöst von der Frage ihrer Autono­mie im Irak und auch nicht ohne eine Überwindung der Un­terdrückung ihres Volks in der Türkei ange­gangen werden.

Interessant und hilfreich war die diesbezügliche Debatte in der UZ. Die Internationale Kom­mission hat vor wenigen Wochen mit der Syrischen KP über einige dieser Fragen sprechen können. Die SKP steht zum Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volks in Syrien, lehnt eine Kollaboration mit den USA je­doch ab.“

– Die DKP und die nationale Frage –

Veröffentlicht unter Theorie

Hoch die »antinationale« Solidarität?

Antiimperialistische Initiative Nürnberg/Fürth Veröffentlicht am 1. September 2016 von Thomas7. September 2016

Wir hatten diese geisteskranke Parole „Hoch die Antinationale Solidarität“ hier in Franken zuletzt auf der von der iL organisierten Antira-Demo am 6. August in Bamberg gehört! Nun, die iL( Interventionistische Linke) pflegt ja schon seit längerem enge Freundschaft zu antinationalen und antideutschen Gruppen.
Logo der Assoziation Dämmerung für den Artikel "Antinationale Solidarität" Hier nun ein Text von der Hamburger Gruppe „Assoziation Dämmerung“, (das sind übrigens trotz des verwirrenden Namens KEINE Antideutschen, sonder das glatte GEGENTEIL!!!), ein Text der den bekannten Artikel aus dem DKP-Nachrichtenportal »Antinationaler Internationalismus« von Klara Bina sehr gut ergänzt!

Hoch die »antinationale« Solidarität?

Juli 2016 — von der Assoziation Dämmerung (Hamburg)

http://www.assoziation-daemmerung.de/2016/06/hoch-die-antinationale-solidaritaet/

»Postantideutsche« wenden den Internationalismus gegen Klassenbewusstsein und Antiimperialismus

Die globalen Krisen und kriegerischen Konflikte der vergangenen Jahre sind auch an der deutschen Linken nicht spurlos vorübergegangen. Das EU-Austeritätsregime in Griechenland, die Aufstände in der Türkei, die Bürgerkriege in Syrien und in der Ukraine, die Selbstverteidigungskämpfe der Kurden und ihr Widerstand gegen den »Islamischen Staat« oder auch die Entstehung von Nuit debout in Frankreich geben Anlass für Debatten über internationale Solidarität und die Notwendigkeit einer starken internationalistischen Bewegung. Dabei werden neue politische Grenzen gezogen, Bündnisse geschlossen und politische Felder neu besetzt.

Auch sogenannte »postantideutsche« und »antinationale« Gruppen scheinen sich im Zuge dieser Entwicklungen um eine Kurskorrektur zu bemühen. Haben sie den Internationalismus bis vor Kurzem noch aggressiv bekämpft, schicken sich »Antinationale« nun an, ihre Politik unter dem Schlagwort des »internationalen Antinationalismus« global auszurichten und sich transnational zu vernetzen. Immer mehr migrantische, internationalistische und antiimperialistische Linke nehmen das zum Anlass, Bündnisse mit »antinationalen« Gruppen einzugehen oder sich einer Zusammenarbeit zu öffnen. Es scheint schließlich, als würden sich ehemalige, zur Vernunft gekommene »Antideutsche« nun dem Internationalismus zuwenden.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Bei näherer Betrachtung entpuppt sich der »internationale Antinationalismus« dieser Gruppen als alter »antideutscher« Wein in neuen Schläuchen. Zentrale neokonservative Ideologeme werden beibehalten und modernisiert. Jene, die sich jahrelang um die Demontage und affirmative Wendung linker Gesellschaftskritik und ihrer Begriffe bemüht haben, melden jetzt Anspruch auf den Internationalismus als weiteres zentrales Feld linker Politik an und versuchen, es ideologisch und politisch zu besetzen.

Die Kritik dieser Vereinnahmungsversuche und des »internationalen Antinationalismus« ist das zentrale Anliegen dieses Papiers. Zuerst wird dazu der historisch-gesellschaftliche Kontext der aktuellen Entwicklung skizziert. Denn seit mehreren Jahrzehnten zeichnet sich nun die Tendenz ab, dass Begriffe der marxistischen Ideologiekritik und revolutionären Linken von reformistischen, exlinken oder antilinken Kräften so umgedeutet − nicht selten sogar ihre Bedeutung in das genaue Gegenteil verkehrt − werden, dass sie für den Erhalt und die Verteidigung bestehender Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse statt für deren Abschaffung in Stellung gebracht werden können. Internationalismus ist ein weiterer Begriff, dem eine solche regressive Vereinnahmung droht. Anschließend werden Inhalt und Praxis des »internationalen Antinationalismus« analysiert und die Gefahr aufgezeigt, die für eine zeitgemäße linke Politik von ihm ausgeht.

Die »Antinationalen«, die sich neuerdings als emphatische Internationalisten inszenieren, sind keine tauglichen Bündnispartner für jene, denen noch ernsthaft an internationaler Solidarität mit Klassen- und Emanzipationskämpfen gegen Ausbeutung, Krieg und Unterdrückung gelegen ist. In diesem Sinne soll der Text eine erste kritische Handreichung sein. Die kommunistische wie jede andere antikapitalistische Linke muss die politischen Übernahmeversuche der »Antinationalen« begreifen und den »internationalen Antinationalismus« als das zurückweisen, was er ist: Ein »internationalistisch« camouflierter Angriff auf linke und antiimperialistische Positionen, der revolutionäre Kritik neutralisieren hilft und auf die weitere politisch-ideologische Integration fundamental antikapitalistischer Opposition in die deutsche Staatsräson und den Wertekanon des NATO-Imperialismus abzielt.

Neoliberal gewendete Begriffe

Schon Rosa Luxemburg hatte wenige Monate vor ihrer Ermordung einen Strategiewechsel der Reaktion festgestellt: Der Kampf »Klasse gegen Klasse« werde nicht mehr mit »offenem Visier« geführt. »Die Schutztruppen der alten Ordnung treten nicht unter eigenen Schildern und Wappen der herrschenden Klassen, sondern unter der Fahne der ›sozialdemokratischen Partei‹ in die Schranken.«

Die SPD hat sich schon vor langer Zeit als politisches Personal des Kapitals und dessen Expansionsbestrebungen offenbart und von der sozialistischen Agenda verabschiedet. Aber sie, wie alle anderen bürgerlichen Parteien, und die Linken, die heute, zumindest objektiv, dem Geschäft der Integration und Neutralisation revolutionärer Politik nachgehen, bedienen sich wieder und weiter des Vokabulars emanzipativer Kräfte und betreiben dessen Deformation unter den Vorzeichen der totalitären Ökonomie des Neoliberalismus und dessen neokonservativer Ideologie. Das geschieht in einem orwellianischen Ausmaß: Die genuinen Bedeutungen von Begriffen werden in ihr komplettes Gegenteil verkehrt (»Krieg ist Frieden«) und schließlich dem heteronomen Zweck der Produktion falschen Bewusstseins untergeordnet. »Das Wort ›Demokratie‹ ist zum Schlagwort für Terror, Folter und massive Beschneidung individueller und kollektiver Rechte verkommen«, kommentierte die US-amerikanische Bürgerrechtlerin Angela Davis den Siegeszug der Neocons. Die Logik habe in der »Sprache des Imperiums« keine Bedeutung mehr, meint der italienische Philosoph Domenico Losurdo. »Wir haben es gerade mit Theologie zu tun.« Anders sei es nicht zu erklären, dass Osama bin Laden, »der zunächst als Freiheitskämpfer gegen die in Afghanistan einschreitenden sowjetischen Truppen, gegen das Reich des Bösen und gegen den neuen Hitler, der in Moskau wohnte, gefeiert wurde, später radikal seine Natur verwandelt und schließlich selber die Rolle Hitlers und des Satans spielte«.

Im vergangenheits- und emanzipationspolitischen Diskurs nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus haben neokonservativ gewendete Exlinke zunächst den Antisemitismusbegriff so lange verformt und überdehnt, dass linker Antizionismus, sogar emanzipative Kritik an Israels Staatsideologie, schließlich jegliche oppositionelle Haltung gegenüber der Kriegs-, Besatzungs- und Unterdrückungspolitik israelischer Regierungen gegenüber den Palästinensern als »antisemitisch« stigmatisiert wurden. Nicht mehr der alle gesellschaftlichen Verhältnisse überwölbende Kapitalismus, sondern »linker Antisemitismus« wurde als Wurzel allen Übels ausgemacht. Mittlerweile ist die Verstümmelung des Antisemitismusbegriffs so weit fortgeschritten, dass prowestliche rechtspopulistische und neofaschistische – nicht selten sogar genuin antisemitische – Parteien und Organisationen, wie FPÖ, AfD, PI und EDL, flankiert von »antideutschen« und »antinationalen« Kronzeugen, sich seiner bedienen, um Antiimperialisten und andere Linke zu attackieren.

Die schlimmsten Auswüchse, nämlich die Instrumentalisierung des Völkermordes des NS-Staates an den Juden als »Argument« für NATO-Kriege (das heißt stets auch die Realisierung von deutschen Großmachtträumen im transatlantischen Machtblock), die spätestens nach dem von der rot-grünen Schröder-Regierung befohlenen Angriffskrieg gegen Jugoslawien »wegen Auschwitz« offenkundig waren, machen deutlich, wohin die Reise mit den fast ausschließlich gegen Antiimperialisten und andere Kriegsgegner gerichteten Antisemitismusvorwürfen geht: Es geht um die Legitimierung von westlichen Aggressionen und deren Camouflierung als Interventionen zur Verteidigung von Menschenrechten und Verhinderung von Genoziden.

Der Kommunist, Widerstandskämpfer und Mitgründer der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) Emil Carlebach hatte schon 1996 anlässlich der Debatten um das Buch »Hitlers willige Vollstrecker« von Daniel Goldhagen (der nicht zufällig eine »deutsche Lösung für den Balkan« propagierte und forderte: »Um das Völkermorden zu beenden, muss die NATO Serbien besiegen, besetzen und umerziehen«), zu dessen schärfsten Kritikern er gehörte, vor einer Abkehr von der Klassenfrage zugunsten einer »›antideutschen‹ Stoßrichtung« gewarnt. Vergeblich. In Harmonie mit einer »antinationalen« Begleitmusik wurde eine Wende von der historisch-materialistischen zur bürgerlichen-idealistischen Gesellschaftsanalyse in weiten Teilen der ehemals antikapitalistischen Linken durchgesetzt: Ein herbeifantasiertes »deutsches Wesen« und eine vermeintlich ewig gültige Ideologie des Antisemitismus (dessen Ausbreitung nun vorwiegend der antiimperialistischen Linken angelastet wird) werden zum Hauptwiderspruch erhoben und damit stillschweigend Goldhagens größter Irrtum – das Bewusstsein bestimme das Sein – perpetuiert.

Ähnlich wie mit dem Antisemitismusbegriff wird von »Antideutschen«, »Antinationalen« und »Postantideutschen« mit dem Faschismusbegriff verfahren. Die auf Basis des historischen Materialismus entstandenen Faschismusdefinitionen von marxistischen Theoretikern, die den Faschismus als brutalste Form der Klassenherrschaft, »nacktesten, frechsten, erdrückendsten und betrügerischsten Kapitalismus« oder »Form bürgerlicher Herrschaft« erkannt hatten, wurden von den Füßen zurück auf dem Kopf gestellt. Faschistische Bewegungen und ihre Verbrechen werden als Ausgeburt »nationalsozialistischer Ideologie« und »antikapitalistische Revolte« der »Zukurzgekommenen« uminterpretiert. Max Horkheimers Diktum »Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen« soll nicht mehr gelten – schuld an der faschistischen Barbarei ist vor allem einer: der »Prolet-Arier«. Gemäß dieser Prämisse propagieren »emanzipatorische Linke« heute offen, wie in einer »antideutschen« Publikation geschehen, ein »Denken in Eliten«, weil es »den sozialistischen Aspekt der Gleichheit in der Gemeinschaft verneint«. Fazit: »Die Betonung von Egoismus ist antifaschistisch oder zumindest eine Form des Antifaschismus.«

Viele linke Akteure, die die Kapitalismuskritik noch als wichtiges Anliegen postulieren, haben den Antikapitalismus-Begriff völlig entleert, von der Klassenfrage abgekoppelt und damit seines revolutionären Geistes beraubt. Kapitalismus wird nicht mehr als Klassenherrschaft begriffen, sondern vorwiegend als Nationalismusproblem: eine Form falschen Bewusstseins. So beklagen »antinationale« Gruppen ein unbestimmtes »Schlamassel des Kapitalismus«, das vom »völkischen Mob« kommt, manchmal auch vom »deutschen Mittelstand« – und keinesfalls etwas mit einem global agierenden internationalen Großkapital und seinen imperialistischen Kriegen zu tun hat.

Die Erosion kritischer Theorie ist ins Rückenmark der antikapitalistischen Linken vorgedrungen. Nun droht die Entstellung und Verkehrung des Internationalismus-Begriffs.

»Internationaler Antinationalismus«

Unter dem politischen Label »internationaler Antinationalismus« beginnen »antinationale« bzw. »postantideutsche« Gruppierungen, wie das UmsGanze-Bündnis (der zentrale Stichwortgeber der sogenannten »Antinationalen«), nun seit etwa 2011, sich der »internationalen Solidarität« zu widmen und dabei den Begriff des Internationalismus für sich in Anspruch zu nehmen. Waren erst der »Arabische Frühling«, die Proteste gegen die Spardiktate in Griechenland und die Blockupy-Demos in Frankfurt Anlässe zur erklärten transnationalen Solidarität mit sozialen Bewegungen, wird eine international ausgerichtete Politik spätestens seit den bewaffneten Kämpfen um das kurdische Kobanê im Herbst 2014, dem Bürgerkrieg in Syrien und dem Widerstand gegen den »Islamischen Staat« (IS) zum besonders wichtigen Feld »antinationaler« Politik erklärt. In der gegenwärtigen »Flüchtlingskrise« heben auch »antinationale« Gruppen den Zusammenhang von Ausbeutung, Krieg und Flucht hervor, und das UmsGanze-Bündnis hat zu einer antirassistischen Kampagne gegen die AfD aufgerufen. Es mag also scheinen, als habe ein Kurswechsel stattgefunden: Weg von den neokonservativen Positionen der »Antideutschen« und ihrem betont zynischen, elitären und affirmativen Habitus, hin zur sozialen Frage, zu politischer Mobilisierung und internationaler Solidarität.

Die vermeintlich internationalistische Wende der »Antinationalen« ist jedoch keine Abkehr von »antideutschen« Positionen, sondern vielmehr deren Modernisierung. Das zeigen nicht nur individuelle Kontinuitäten, das Festhalten an »antideutschen« Ideologiefragmenten in den Reihen der »Antinationalen« sowie organisatorische Verbindungen – der angebliche »Antifaschist« beispielsweise, der Sahra Wagenknecht auf dem Bundesparteitag der Partei Die Linke im Juni 2016 mit einer Torte bewarf, war über das »antinationale« Jugendmagazin Straßen aus Zucker akkreditiert, gehört aber ins Lager der antilinken und neokonservativen »antideutschen« Gruppe AG No Tears for Krauts –, sondern auch die politischen Inhalte des »internationalen Antinationalismus« und seine Praxis. So wird etwa internationale Solidarität von der Klassenfrage getrennt, eine äquidistante Position zu imperialistischen Aggressionen und deren Objekten eingenommen, und klassenkämpferische, antiimperialistische Linke werden unter dem Deckmantel »internationaler Solidarität« weiterhin offensiv bekämpft und historisch delegitimiert. Seine Träger richten »antideutsche« Ideologie entlang des aktuellen Weltgeschehens neu aus und nutzen das politische Kapital der vergleichsweise gut organisierten »antinationalen« Strömung, um frühere taktische Fehler und das Abdriften in offen reaktionäre Ideologie zu kaschieren, Ansprüche auf linke Begriffsfelder durchzusetzen und entsprechende Bündnisse und aktivistische Praxis auf den Weg zu bringen. Damit droht auch dem Internationalismus, einem zentralen Terrain linker und marxistisch orientierter Politik, die affirmative Wende.

Antinationalismus statt Klassenkampf

Theoretisches und politisches Herzstück »antinationaler« Politik ist – der Name verrät es – die Kritik des Nationalismus, der als Basisideologie bürgerlicher Vergesellschaftung verstanden wird. »Die Identifikation mit dem nationalen ›Wir‹ ist ein ideologischer Fluchtreflex vor dem Druck kapitalistischer Konkurrenz und Vereinzelung, aber zugleich ihr bestes Schmiermittel«, schrieb das UmsGanze-Bündnis im Jahr 2010. Nationalismus und, daraus abgeleitet, »Staatsidealismus« werden als ideologischer Kitt verstanden, der gesellschaftliche Widersprüche befriedet und sozialen Kämpfen bis in die linke und gewerkschaftliche Bewegung hinein entgegensteht: Auch den sozialpartnerschaftlichen Kurs der DGB-Gewerkschaften etwa kritisieren »Antinationale« für dessen Orientierung auf den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Zweifelsohne ist der Kampf gegen Nationalismus, ebenso gegen die »Sozialpartnerschaft« ein unerlässlicher Bestandteil linker, vor allem antikapitalistischer Politik. Es kommt jedoch darauf an, unter welchen Prämissen und mit welcher Stoßrichtung er geführt wird. Ein Blick auf die Textproduktion der »Antinationalen« zeigt, dass die Kritik des Nationalismus ohne Bezugnahme auf dessen klassenversöhnende Funktion formuliert und seine Ideologie allein ins Zentrum politischer und theoretischer Intervention gestellt wird: Nicht die ideologische Verschleierung des Klassenwiderspruchs, sondern die Verschleierung von nicht weiter spezifizierten »gesellschaftlichen Widersprüchen« überhaupt steht im Zentrum »antinationaler« Kritik. Nationalismus wird nicht dafür kritisiert und bekämpft, dass er Ideologie an die Stelle von möglichem Klassenbewusstsein setzt und so die kollektive Organisation und Gegenwehr der Arbeiterklasse verhindert. Er wird lediglich für seinen ideologischen Charakter an sich kritisiert – Ziel und Richtung »antinationaler« Nationalismuskritik bleiben daher diffus und unbestimmt. Das hat seine Ursache in einem »wertkritischen«, um das Klassenverhältnis verkürzten Strukturmarxismus (einem Marx-Verständnis, das bürgerliche Herrschaftsverhältnisse auf die vermeintlich »abstrakten« Imperative ökonomischer Strukturen reduziert und das Weltveränderungspostulat der elften Feuerbachthese unterschlägt), der von Theoretikern wie Moishe Postone und Michael Heinrich propagiert wird und mit dem »antinationale« Gruppen ihren »antideutschen« Vorläufern bruchlos folgen. (1)

Nicht das Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnis zwischen Bourgeoisie und Proletariat, sondern die Annahme eines verselbständigten und abstrakten Zwangs kapitalistischer Vergesellschaftung kennzeichnet daher das Kapitalismusverständnis der »Antinationalen«. »Aufs Ganze betrachtet«, heißt es im zuvor zitierten Text, habe sich das »System gesellschaftlicher Abhängigkeit und Ausbeutung gegen alle verselbständigt«. In einem Aufruf gegen den Wiener Akademikerball vom Januar 2012 schrieb das UmsGanze-Bündnis, »die personalisierende Kritik an ›Managern‹ und ›Bankern‹« würde »den Systemcharakter anonymer Verwertungszwänge im Kapitalismus« verkennen. Jüngere Texte schlagen in dieselbe Kerbe: »Die Suche nach den Schuldigen ist im Kapitalismus endlos, denn es gibt sie einfach nicht. Und ist darüber hinaus saugefährlich für die, die als Schuldige ausgemacht werden«, sorgte sich die »antinationale Jugendzeitung« Straßen aus Zucker im Januar 2016 um das Wohlergehen der Produktionsmittelbesitzer. Das Kapitalismusverständnis der »Antinationalen« wiederholt also mit Marx‘schen Begriffen die neoliberalen Reden von abstrakten, angeblich vom Willen der Kapitalbesitzer unabhängigen »Sachzwängen«, denen Politik und ökonomische Eliten ausgeliefert seien und die mit dem Handeln konkreter Akteure angeblich nichts zu tun hätten. Einzelne Kapitalisten oder Funktionsträger aus Wirtschaft und Politik für ihr Handeln verantwortlich zu machen, gilt den »Antinationalen« daher als »verkürzte« und »personalisierte«, mithin »strukturell antisemitische« Kapitalismuskritik. »Problematisch war häufig die Staatsfixiertheit ihrer Forderungen und eine oft moralisierend verkürzte, nationalistisch und verschwörungstheoretisch unterlegte Kapitalismuskritik«, verteilte das UmsGanze-Bündnis im März 2012 Kopfnoten an Bewegungen wie Occupy, die im Zuge der globalen Wirtschaftskrise entstanden waren. »Klar gab es auf der Blockupy-Demo strukturell antisemitische Kritik an ›Bankern und Bonzen‹, an vermeintlichen ›Finanzoligarchen‹ und am Zins. Ein paar Idioten haben sich mit Edding Boykottaufrufe gegen Israel auf den Bauch gemalt«, kommentierte das Bündnis im selben Jahr die Proteste gegen die Austeritätspolitik der EU im Interview mit der Zeitschrift konkret. Die »verkürzte« und »strukturell antisemitische« Kritik, das versicherte UmsGanze, gedenke man dieser Bewegung jedoch noch auszutreiben.

Nicht Aufklärung über die Verschleierung bürgerlicher Klassenherrschaft, sondern eine abstrakt-allgemeine Ideologiekritik ist also Sinn und Zweck »antinationaler« Nationalismuskritik. In der Konsequenz tritt Antinationalismus an die Stelle des Klassenkampfs, weil die Aufhebung der nationalistischen Vernebelung der »verselbständigten« kapitalistischen Vergesellschaftung als primärer Zweck politischer und theoretischer Intervention verstanden wird. Die Parole »der Hauptfeind steht im eigenen Land« wird so in ein nebulöses, unkonkretes »der Hauptfeind ist das eigene Land« verdreht. Diese Verschiebung bildet bei den »Antinationalen« die Basis sowohl der Auseinandersetzung mit weltpolitischen Fragen als auch ihrer Attacken gegen klassenkämpferische und antiimperialistische Linke. Der »internationale Antinationalismus« wiederholt die bereits genannten Fehler auf globaler Ebene.

Globalisierter Strukturmarxismus

Mittlerweile sind die »Antinationalen« transnational vernetzt, und Impulse bundesdeutscher Gruppen besitzen Strahlkraft bis in die britische und griechische Linke hinein: Unter dem Label des »internationalen Antinationalismus« haben das UmsGanze-Bündnis und linke Organisationen aus England und Griechenland 2013 die europaweite und »antiautoritäre« Plattform Beyond Europe ins Leben gerufen. »Internationaler Antinationalismus konkret!«, übertitelte die Basisgruppe Antifaschismus, der Bremer UmsGanze-Ableger, ihren Hinweis auf die Gründung.

Ein Text der UmsGanze-Gruppe Antifa AK Köln vom Mai 2012 umreißt, worum es dem »internationalen Antinationalismus« geht. Vor dem Hintergrund der europäischen Spardiktate und der griechischen Krise werden verschiedene linke, angeblich »staatsidealistische« Ansätze – zwischen tatsächlich staatstragenden kritikwürdigen Strategien und solchen, die ein taktisches Verhältnis zur Arbeit in und mit bestehenden Institutionen haben, wird dabei nicht unterschieden – als »reaktionär« zurückgewiesen und der »internationale Antinationalismus« als »Stoßrichtung für die soziale Revolte« präsentiert. Gefordert werden die »Abgrenzung gegenüber der staatstragenden Linken, und die Ablehnung einer sogenannten ›Solidarität der Völker‹« – gemeint ist u.a. die Politik der KKE – als »klare inhaltliche Linie« verschiedener »antinationaler« Gruppen. Über deren Aktivitäten heißt es: »Bei den Aktionen ging es darum, die Nation als unhinterfragter Bezugspunkt der Politik zu kritisieren und in symbolischer Aktionsform den vorgestellten Nutzen für das jeweilige nationale Allgemeinwohl anzugreifen.« Dabei stünde die Idee »antinationaler Solidarität« der »Verpflichtung auf die Nation« diametral entgegen.

Der »internationale Antinationalismus« ist keine geschlossene und elaborierte Theorie und Praxis, sondern bezeichnet die Internationalisierung »antinationaler« Politik. Deutlich wird jedoch, dass die falsche Prämisse eines »verselbständigten« kapitalistischen Systemzwangs sowie die diffuse, unkonkrete Staatskritik beibehalten und lediglich auf die globalen Verhältnisse zugeschnitten werden: Dem Unwillen, Ausbeuter im Klassenverhältnis konkret zu benennen, entspricht die Weigerung, konkrete Klassenfraktionen oder Akteure des Imperialismus als Initiatoren und Nutznießer von Austeritätspolitik oder Krieg auszumachen. Je affirmativer und zahnloser die Politik, desto verbalradikaler fällt die Gegnerschaft der »Antinationalen« zu der völlig abstrakten »Gesamtscheiße« aus, die mit einer klassisch autonom-linksradikalen, infantilen Verklärung von Straßen- und sozialen Kämpfen einhergeht. Auch das Ersetzen des Klassenkampfs durch abstrakten »Antinationalismus« wird fortgesetzt: Nicht Internationalismus, also die Solidarität mit Kämpfen der Arbeiterklasse und Marginalisierten in anderen Ländern, sondern eine irgendwie geartete Gegnerschaft zu »Staat, Nation und Kapital« steht im Zentrum des »internationalen Antinationalismus«. Der vermeintliche Internationalismus der »Antinationalen« entpuppt sich so bestenfalls als globalisierter systemkonformer Strukturmarxismus.

»Antinationale« Äquidistanz

Fast immer werden die Interventionen »antinationaler« Gruppen mit einer klaren Absage an klassenkämpferische und antiimperialistische Positionen verbunden. Das ist kein Zufall: Der unkonkreten Gegnerschaft zu Nationalismus und »Staatsidealismus« entspricht eine Äquidistanz in globalen Konflikten, der gemäß angeblich der in wachsendem Maß aggressive NATO-Imperialismus qualitativ auf gleicher Stufe steht mit dem vergleichsweise moderaten und militärische Interventionen vermeidenden russischen und chinesischen. Auf diese verkehrte Darstellung der wahren Macht- und Ausbeutungsverhältnisse folgen nicht nur politische Passivität und Paralyse revolutionärer Politik – zum Hofieren ukrainischer Faschisten durch die deutsche Außenpolitik beispielsweise schweigt die Mehrheit der »Antinationalen« sich ebenso beharrlich aus wie zu den deutschen Rüstungsexporten nach Israel oder den schmutzigen Deals der Bundesregierung mit dem saudi-arabischen Regime –, sondern vor allem auch Angriffe auf friedensbewegte, antiimperialistische und internationalistische Linke.

Etwa die Leipziger UmsGanze-Gruppe the future is unwritten richtete sich in einem Demonstrationsaufruf anlässlich eines geplanten Neonazi-Aufmarsches explizit gegen linke Antiimperialisten. Einige Positionierungen innerhalb der deutschen Linken seien »anschlussfähig für Querfront-Versuche«, so ihr Befund. Der »aus DDR-Zeiten entlehnte Begriff der ›Völkerfreundschaft‹«, auf den sich auch die Neonazi-Demonstration berief, mache schließlich »nicht umsonst die ›Völker‹ als Ganzes – und nicht die unterdrückten Menschen – zu Subjekten der gegenseitigen Solidarität.« Mit solchen Aussagen wird jedoch nicht nur völlig vom historischen Kontext des Begriffs der »Völkerfreundschaft« abstrahiert, sondern auch nahegelegt, dass ein direkter Weg vom Volksbegriff der realsozialistischen Länder zur NS-Ideologie der Hitlerfaschisten führe – eine Verbindung, die sich auch in Fällen fragwürdiger Verwendung des Völkerfreundschaft-Begriffs nicht ziehen lässt. Auf die Unterscheidung eines plebejischen Volksbegriffs, wie er in der kommunistischen Bewegung Verwendung findet, von dem metaphysisch-nationalistischen und rassischen Volksbegriff der Rechtspopulisten und (Neo-)Faschisten wird dabei gänzlich verzichtet. Für die klassenneutrale, nicht selten sogar klassenchauvinistische Ideologie der »Antinationalen« ist »das Volk« exakt das, was völkische Rechte darunter verstehen. Auch heute, so die Leipziger »Antinationalen« weiter, gäbe es »Linke, die das faschistoide Assad-Regime gegen den ›US-Imperialismus‹ verteidigen wollen«. Zu jenen zähle etwa die SDAJ, deren Gegnerschaft zum Imperialismus als simplifiziert und verkürzt beschrieben wird: »Der Versuch, die Probleme der Welt einseitig in den Interessen der USA und ihrer Verbündeten auszumachen, muss scheitern, da eine Einteilung der Welt und der in ihr befindlichen Staaten in gut (antiimperialistisch/antikapitalistisch) und schlecht (imperialistisch/kapitalistisch) die Komplexität der Wirklichkeit auf ein dualistisches Weltbild reduziert«, ließ man wissen. Auch in »vermeintlich antiimperialistischen Staaten« würden schließlich »aufgrund staatlicher Herrschaft und Kapitalverhältnis« Gewalt und Ausbeutung vorherrschen, was »seitens antiimperialistischer Linker« aber ausgeblendet würde. »Gegen Nazis, Jihadismus und Ba’athismus – Für einen internationalen Antinationalismus!«, lautete entsprechend die von den »Antinationalen« ausgegebene Parole. Nicht nur wird dabei offengelassen, welche antiimperialistischen Linken genau gemeint sind und die Haltung vieler linker Internationalisten falsch dargestellt (nur die wenigsten Antiimperialisten blenden Repressalien in anti- oder gemäßigt imperialistischen Ländern aus – sie machen sich allerdings die Doppelmoral und den Alarmismus der westlichen Propaganda nicht zu eigen). Auch die wesentlichen Unterschiede zwischen dem westlichen Imperialismus und jenen Staaten, die sich ihm zu entziehen versuchen oder sich gegen ihn verteidigen, werden so verwischt – ganz so, als sei die Außenpolitik etwa Kubas oder Venezuelas ebenso expansiv und relevant für den Bestand globaler Macht- und Ausbeutungsstrukturen wie die der USA, Deutschlands und anderer NATO-Länder, deren Einflussnahme und Interventionen die von den »Antinationalen« ausgemachten Gewalt- und Ausbeutungsverhältnisse in den »vermeintlich antiimperialistischen Staaten« im Übrigen meist noch erheblich verschlimmern. Vordergründig wollen die »Antinationalen« mit ihrer »Kritik« auf blinde Flecken des linken Antiimperialismus hinweisen – tatsächlich relativieren, nicht selten sogar hofieren sie den westlichen Imperialismus.

»Der Hauptfeind ist das eigene Land«

Die Äquidistanz der »Antinationalen« führt sogar dann nur bestenfalls zur Passivität, wenn gerade der deutsche Imperialismus konsequent angegriffen werden müsste. Das zeigt das Beispiel der Ukraine und das beredte Schweigen »antinationaler« Gruppen zur antirussischen Hetze, mit der die expansive deutsch-europäische Außenpolitik flankiert wird. Das mehr oder weniger offene Paktieren der ökonomischen Eliten Deutschlands und ihres politischen Personals mit ukrainischen Nationalisten und neofaschistischen Organisationen hätte gerade all jene auf den Plan rufen müssen, die sich einer »gegen Deutschland« gerichteten linken Politik verschrieben haben. Selten gab es in jüngster Zeit schließlich zwingendere Anlässe für wahrhaft antideutsche Interventionen als die deutsche Unterstützung für die Mörderbanden etwa des Rechten Sektors sowie den offen demagogischen antirussischen Kurs der deutschen Meinungsmacher. Stattdessen wurden jedoch angebliche »Putin-Fans«, echte oder vermeintliche »Querfront-Aktivisten« und die – oftmals als »Aluhüte« verächtlich gemachten – Besucher sämtlicher Friedensdemonstrationen, selbst wenn sie von Kommunisten, Sozialisten und anderen Linken organisiert und durchgeführt wurden, gegen die von der NATO und EU installierte ukrainische Putsch-Regierung und den anschließenden Angriffskrieg gegen die Aufständischen in der Ostukraine von »antinationalen« Gruppen als Bedrohung ausgemacht und pauschal als »rechts« denunziert.

Der völkische Nationalismus der Mehrheit der Alternative für Deutschland (AfD) etwa wird von den »Antinationalen« gegenwärtig – nicht zu Unrecht – skandalisiert und mit einer breiten Kampagne bedacht. Zum völkischen und mörderischen Nationalismus jener ukrainischen Kräfte, mit deren Hilfe die Bundesregierung die Integration der Ukraine in den neoliberalen EU-Block vorangetrieben hat, fällt ihnen jedoch nichts ein. Wo es also dringend einer fundamental linken Opposition gegen den wachsenden deutschen Bellizismus bedurft hätte, wurden ausschließlich linke Friedensaktivisten und Antiimperialisten sowie bürgerliche Kräfte mit vermeintlich oder tatsächlich reaktionären Motiven attackiert, die auf die drohende Kriegsgefahr reagiert hatten – und das deutsche Großkapital wieder einmal schadlos gehalten. Um Kritiker dieses links-liberalen Korporatismus, in den diese Politik mündet, mundtot zu machen, bemühten die »Antinationalen«, wie so häufig, den Vorwurf des »Antiamerikanismus«. Dass Deutschland seine Interessen auch und vor allem im Bündnis mit dem von den USA angeführten NATO-Imperialismus durchsetzt, eine »gegen Deutschland« gerichtete Politik also zwangsläufig auch die transatlantische Hegemoniepolitik der USA angreifen müsste, ficht den objektiv prowestlichen Kurs der »Antinationalen« dabei nicht an.

Komplizenschaft mit dem Imperialismus

Vor diesem Hintergrund sind auch die Motive »antinationaler« Gruppen für die Unterstützung der kurdischen Bewegung fragwürdig. »Selbstverständlich ist Rojava und auch die Politik der neuen, gewandelten PKK nicht widerspruchsfrei oder losgelöst von kritikwürdigen Entscheidungen und Strukturen«, schrieb die Antifa AK Köln im Dezember 2014 angesichts neuer Bündnisse mit kurdischen Gruppen, die man als Teil des UmsGanze-Bündnisses eingegangen war. »Wer aber aufgrund solcher ›Zweifel‹ sich der Solidarität sowie der Notwendigkeit der Parteiergreifung entzieht, verschließt die Augen: In Rojava wird nicht nur ein lokaler Kampf weit weg von uns geführt, sondern die Idee der universellen Humanität verteidigt.« Nun ist die Unterstützung für den Kampf der kurdischen Einheiten, die nicht bloß als Söldner der USA kämpfen, gegen den IS zweifellos richtig. Der Aufbauprozess in Rojava ist ein fortschrittliches Projekt und auch das Ende des PKK-Verbots ist eine richtige Forderung. Doch das vorgeblich »internationalistische« Engagement der »Antinationalen« für die kurdischen Kämpfer ist keines, das die imperialistische Geopolitik des westlichen Machtblocks auch nur annähernd in Frage stellen würde. Es folgt vielmehr der simplen, auch von der bürgerlichen Mainstream-Presse verbreiteten Lesart, laut der im Kampf gegen den IS der »aufgeklärte Westen« und die »Zivilisation« überhaupt verteidigt werden würde. Deshalb, aber auch weil Teile des kurdischen Kollektivs an der Seite des NATO-Imperialismus stehen, sind die »Antinationalen« auch bereit, es mit den »kritikwürdigen Entscheidungen und Strukturen« der Kurden nicht ganz so genau zu nehmen. Auf ähnlich pathetische Aussagen etwa über säkulare palästinensische Widerstandsgruppen oder kommunistische Aufständische in der Ostukraine, die ebenso »die Idee der universellen Humanität« verteidigen, wird man hier jedenfalls vergeblich warten – im Gegenteil, diese Bewegungen, wie alle anderen den Interessen des Westens zuwider laufenden, werden als »antisemitisch« und »völkisch« diffamiert.

Kaum verwunderlich ist insofern auch, dass »antinationale« Gruppen sich an der alarmistischen, häufig kulturrassistisch gefärbten Mobilisierung gegen Salafisten und andere Islamisten und Jihadisten beteiligen, ohne die Rolle des westlichen Imperialismus bei deren Erstarken und Aufrüstung zu berücksichtigen. Denn entsprechend der äquidistanten Haltung der »Antinationalen« wird der Jihadismus fälschlicherweise gehandelt, als seien Islamismus und westlicher Imperialismus voneinander unabhängig – möglicherweise sogar Kontrahenten. Die Förderung und Instrumentalisierung des Jihadismus durch den US-Imperialismus (es waren und sind bis heute maßgeblich die USA, deren Außenpolitik die sozioökonomische Basis des Jihadismus geschaffen und die ihn sogar militärisch unterstützt hat, beispielsweise in den 1980ern in Afghanistan um die Sowjetunion zu destabilisieren) wird ausgeblendet.

Die »Antinationalen« gehen unter dem Eindruck der jüngsten antimuslimischen Mobilisierung der Rechten in Deutschland und Europa mittlerweile auf Distanz zum offen kulturrassistischen Islamhass der »Antideutschen«. »Niemand ist mehr interessiert an ihrer kriegerischen Hetze, ihrem Islamhass, ihrer Kritiklosigkeit und penetranten Verehrung einer rechten israelischen Regierung, ihrem Rassismus und ihrer Fehleinschätzung zur politischen Weltlage«, erklärte Clara Felicia Meyer von der Frankfurter Gruppe Kritik & Praxis vor einiger Zeit zu deren Absetzbewegung von den »Antideutschen«. Dass aber die mittlerweile »Postantideutsche« genannten »Antinationalen« (darunter auch die Vorgängerorganisationen der Gruppe Kritik & Praxis) selbst es waren, die als Jubelperser des NATO-Imperialismus agierten und rassistisch-islamfeindliche Ressentiments jahrelang mit befeuert und unter Linken salonfähig gemacht haben, wird allzu gern verschleiert. Immerhin stellt die verschwörungstheoretisch benebelte Hetze der »Antideutschen« gegen »den Islam« (Konkret-Herausgeber Hermann Gremliza etwa fantasierte eine aus »Millionen von Muslimen« bestehende »islamistische Internationale« herbei, welche »die größte Gefahr» sei, die den Siegern aller bisheriger Geschichte droht«) bis heute so manches in den Schatten, was aus den Reihen von Pegida oder der AfD zu vernehmen ist. Statt jedoch die eigene Mitverantwortung für die mehr und mehr ausufernden antimuslimischen Hass-Kampagnen aufzuarbeiten, wähnen »Antinationale« sich gleichermaßen in Gegnerschaft zu Rechtspopulisten und Jihadisten und täuschen vor, sie hätten islamfeindliche Hetze schon seit jeher rigoros verurteilt.

In der Theorie bedeutet die wohl oder übel von NATO-Patriotismus umwehte und unweigerlich in westlichen Menschenrechtsimperialismus und Apologie der auf Angriffskrieg und Neokolonialismus zielenden »Verteidigungspolitischen Richtlinien« der Berliner Republik treibende Politik des »internationalen Antinationalismus« Aufklärungsverrat und einen Bruch mit den Erkenntnissen des historischen Materialismus, marxistischer Faschismusforschung und Ideologiekritik. Die äquidistante und paralytische – im Kern antirevolutionäre − Praxis der »postantideutschen« »Antinationalen« zeitigt die Demobilisierung von Antikriegsprotesten und klassenkämpferischem Widerstand. Sie fördert den Einbruch der bürgerlichen Extremkälte des Neoliberalismus in antikapitalistische Bewegungen und eine Entsolidarisierung signifikanter Teile der deutschen Linken von den Verdammten dieser Erde. Sie steuert schließlich nolens volens in eine Komplizenschaft mit dem Imperialismus, den Karl Marx als »prostituierteste und zugleich die schließliche Form der Staatsmacht« erkannt hatte, die nichts anderes ist als »ein Werkzeug zur Knechtung der Arbeit durch das Kapital«.

Gegen faule Kompromisse – für einen klassenbewussten Internationalismus!

Die »Antinationalen« formulieren ihren »internationalen Antinationalismus« auf Grundlage einer um das Klassenverhältnis verkürzen Kapitalismuskritik, die nicht den Klassenkonflikt, sondern allein Ideologie ins Zentrum stellt. Daraus folgt eine abstrakt-allgemeine Gegnerschaft zu »Staat, Nation, Kapital«, die bestenfalls auf politische Äquidistanz in Fragen globaler Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse hinausläuft. Konkret-politisch sind die »Antinationalen« jedoch alles andere als indifferent: Ihr Antinationalismus richtet sich so gut wie nie gegen den Militarismus, die nationalistische Mobilmachung der NATO und EU-Staaten oder deren Verbündeter − den Machtblock, der die Hauptverantwortung für den Erhalt des globalen kapitalistischen Systems trägt. Er richtet sich vorrangig gegen friedensbewegte und antiimperialistische Linke, die unter dem Deckmantel der Bemühung um vorgeblich zeitgemäße, transnationale Solidarität aggressiv bekämpft werden. Der »internationale Antinationalismus« beschweigt die imperialistische Politik der Bundesregierung etwa in der Ukraine und den mörderischen Nationalismus ihrer Bündnispartner, engagiert sich aber mit großer Emphase im Kampf gegen Salafisten und den »Islamischen Staat«, der – hier werden »antideutsch«-neokonservative Kontinuitäten besonders deutlich – nicht als Produkt des US-Imperialismus, sondern als Antithese zum vermeintlich zivilisierten Westen, als antimoderne Reaktion verstanden wird. Der »Internationalismus« der »Antinationalen« kommt also modern und radikal daher, lässt die Machtstrukturen des NATO-Imperialismus jedoch mindestens unangetastet, ist kompatibel mit der deutschen Staatsräson und läuft unweigerlich auf die Neutralisierung revolutionärer Politik und die weitere Integration der Linken in den herrschenden transatlantischen Konsens hinaus.

In diesem Sinne ist die Aufklärung über Inhalt und Konsequenzen des »internationalen Antinationalismus« auf Seiten der Internationalisten dringend geboten. Das allein reicht jedoch nicht: Auch Zustand und Ausrichtung der antiimperialistischen Linken sowie die Motive internationalistischer Gruppen und Medien – wie z.B. des Lower Class Magazines oder der Radikalen Linken Berlin –, sich der Politik »antinationaler« Gruppen zu öffnen, bedürfen einer kritischen Diskussion und müssen Gegenstand der Auseinandersetzung sein. (2)

Die zunehmend aggressive und militarisierte deutsch-europäische Außenpolitik, die Zuspitzung der Konfrontation mit Russland wie auch die Eskalation diverser sozialer Konflikte in und außerhalb Europas lassen erwarten, dass linke und internationale Solidarität als ein zentrales Feld antikapitalistischer Politik künftig noch an Bedeutung gewinnen wird. In diesem Sinne ist es dringend nötig und begrüßenswert, dass Debatten über einen zeitgemäßen Internationalismus angestoßen und entsprechende politische Bündnisse anstrebt werden. Faule Kompromisse mit vorgeblich internationalistischen »Antinationalen«, die in Wahrheit modernisierte »Antideutsche« sind, haben sich dafür als alles andere als nützlich erwiesen. Es ist höchste Zeit, dass Antiimperialisten und Internationalisten das begreifen und sich konsequent der weiteren Vereinnahmung revolutionärer Politik entgegenstellen.

Juli 2016
Assoziation Dämmerung

Anmerkungen

(1) Eine detaillierte Kritik der Postone’schen Thesen über den Zusammenhang von Warenfetischismus und Antisemitismus hat Michael Sommer ausgearbeitet: »Falsch, aber wirkungsvoll. Moishe Postones ›marxistische‹ Theorie des Antisemitismus und der Bruch mit Antikapitalismus und Kapitalismuskritik«, in: Susann Witt-Stahl/Michael Sommer (Hrsg.): »›Antifa heißt Luftangriff!‹ Regression einer revolutionären Bewegung«, Hamburg: Laika Verlag 2014.

(2) Hierzu empfehlen wir den Text »Antinationaler Internationalismus« von Klara Bina, welcher Erfahrungen mit »antinationalen« Gruppen in Frankfurt am Main verarbeitet und auch Probleme der antiimperialistischen und internationalistischen Linken herausarbeitet: http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2016/06/antinationaler-internationalismus/

Veröffentlicht unter EU-Europa,Theorie

#ParisAttacks: Wahnsinn und Methode

Antiimperialistische Initiative Nürnberg/Fürth Veröffentlicht am 29. November 2015 von Thomas29. November 2015

Überlegungen von Hans Christoph Stoodt zu den Anschlägen in Paris. (Gefunden in der UZ vom 24. November 2015)

14. November 2015 , Wurfbude

Die exakten Hintergründe sind unklar. Man weiß nicht wirklich genau, was bislang insgesamt in Paris geschehen ist. Die Angreifer, wenigstens acht von ihnen, scheinen zur Stunde schon ebenso tot zu sein, wie weit über hundert Opfer einer Reihe von Selbstmordanschlägen, Bombenexplosionen und Gewehrfeuer auf Konzertbesucher und Passant*innen in verschiedenen Stadtteilen von Paris. Es gibt jetzt, am Morgen danach, keine inhaltliche “Begründung” für diese einizgartige Anschlagsserie. [update 14.5., abends: inzwischen soll ein Bekennertext des IS vorliegen.]

The medium is the message. Wer glaubt, nicht wenigstens irgendeine “Begründung” für eine solch wahnwitzige Aktion abliefern zu müssen, geht offenbar davon aus, daß seine Handlungen deutlich genug für sich selber sprechen: eine nach dem ersten Augenschein äußerst exakt geplante militärische Aktion mitten in einer europäischen Hauptstadt. Das ist inhaltsstummer Wahnsinn mit Methode.

Und genau damit erweisen sich die Täter, nach bisheriger Nachrichtenlage junge Franzosen, als getreue Abbilder der Gesellschaft in der sie aufgewachsen sind.
Es ist keineswegs eine “von außen” hereinbrechende Barbarei in den Bezirk der Zivilisation, die sich hier austobt. Wir sind Zeug*innen eines Teils der Selbstzerstörungsprozesse derjenigen Gesellschaften des Westens, die sich und ihre Werte für den Maßstab aller Werte halten, im vielfachen Sinn des Wortes.

Wahnsinn mit Methode ist es, daß global alle 24 Stunden weit mehr Menschen am Hunger sterben, als an einem durchschnittlichen Kriegstag des zweiten Weltkriegs an dessen Folgen – und das bei einem fast hundertprozentigen Überangebot von Nahrungsmitteln auf der Welt.

Wahnsinn mit Methode ist es, den eigenen kapitalistischen way of life auch dann noch zäh zu verteidigen, wenn wissenschaftlich längst klar ist, daß dieser Weg klimatisch direkt und berechenbar in nur wenigen Jahrzehnten in eine gigantische weltweite Katastrophe führen wird.

Wahnsinn mit Methode ist es, aus den selbsternannten Mutterländern der Zivilisation wieder und wieder Milizen mit fanatischer islamistischer (nicht etwa: islamischer!) Ideologie gegen mißliebige staatliche Institutionen des Mittleren Ostens und Afrikas in den Kampf zu schicken, sie zu bewaffnen und zu finanzieren, wie es in Afghanistan, Syrien, Libyen, Irak der Fall war und ist. Dieselben, die das tun, erklären junge islamistische Bürgerkriegssöldner genau dann zu Staatsfeinden und erstrangigen Sicherheitsrisiken, wenn sie nach getaner “Arbeit” wieder heimkehren.

Wahnsinn mit Methode ist es, 14 Jahre lang Krieg in Afghanistan zu führen, an dessen Ende in gut voraussehbarer Weise die zu bekämpfenden Feinde stärker da stehen als zuvor.

Wahnsinn mit Methode ist es, sich selber lauthals als “Exportweltmeister” zu feiern und sich zugleich gegen die Verelendeten der Erde abschotten zu wollen; den möglichst total entgrenzten und jeder öffentlich-politschen Debatte entzogenen “freien” Kapital-, Dienstleistungs- und Warenverkehr als grundlegendes Geschäftsmodell zu propagieren, die Bewegungsfreiheit der Verlierer dieses Modells aber radikal einschränken zu wollen.

Wahnsinn mit Methode ist vor allem staatlich geduldete und geförderte rechte Propaganda. Auf den Internetseiten von “politically incorrect” wurde und wird seit fast zehn Jahren nicht nur irrational und rassistisch gehetzt, sondern auch im Stil von Tea-Party-Ideologen behauptet, einen Klimawandel gebe es nicht. Die Regierung auch der BRD handelt faktisch, als sehe sie das auch so.

Wahnsinn mit Methode ist es, einerseits vom für 12-jährige deutsche Mädchen bedrohlichen Zustrom “attraktiver islamischer junger Männer” zu faseln, wie es zB. auch jüngst der Philologenverband von Sachsen-Anhalt zum Schlechtesten gab, andererseits aber gegen den Familiennachzug von refugees Propaganda zu machen, wie es staatliche Stellen gerade tun.

Wahnsinn mit Methode ist es, refugees einerseits vorzuwerfen, sie wollten sich hierzulande ein angenehmes und faules Leben machen, andererseits aber, sie nähmen den hier Lebenden die Arbeitsplätze weg.

Wahsinn mit Methode ist es, mißliebige refugees nach Afghanistan oder gar Syrien zurückschicken zu wollen, weil es dort so sicher sei. Die, die das behaupten, waren über ein Jahrzehnt lang nicht in der Lage, mit ihren verbrecherischen militärischen Mitteln ihre Art von “Sicherheit” herzustellen. Selbst Oberst Klein hat das nicht geschafft.

Die Attentäter von Paris haben sich, soweit zur Stunde bekannt, nicht erklärt. Sie halten ihre stumme und zugleich höchst nethodisch durchgeführte Wahnsinnstat für Erklärung genug. Damit gleichen sie den Herrschenden der Gesellschaften und Staaten, die sie zu bekämpfen vorgeben auf sehr präzise Weise.

Georg Lukács hat 1954 in “Die Zerstörung der Vernunft” am Beispiel der Entstehung nazifaschistischer Ideologie erklärt, daß Irrationalismus nicht einfach nur eine philosophiegeschichtliche Absonderlichkeit ist, sondern die adäquate Verfasstheit von Alltagsbewußtsein und Begründungsideologien der imperialistischen Gesellschaften.

Die Attentäter von Paris sind nicht anders als die Verantwortlichen für die tatgtäglichen stummen oder auch lauten Massaker, für Hunger, Unterdrückung, Krieg, Klimakatastrophe.

Die imperialistische Gesellschaft ist nicht Wiege und Hort der Ziviliation. Sie produziert die Barbarei aus sich selbst. Selbst die Attentäter, die sich gegen sie wenden, sind heute ihre eigenen Ausgeburten. Der letztlich auf der Logik der Warenproduktion in ihrem höchsten und letzten Entwicklungsstadium beruhende Irrationalismus ist die allgegenwärtige, religionsförmige, fast alles durchdringende Signatur ihres gesellschaftlichen Bewußtseins.

Nur die Abschaffung des Imperialismus und Kapitalismus, ihr endgültiger Untergang kann das ändern. Er wird nicht von selber kommen. Anders als die Staaten des implodierenden Sozialismus wird der Imperialismus versuchen und versucht es bereits, seinen Untergang mit dem Untergang der Menschheit zu verbinden. Die drohenden Vorboten dessen kann man heute in Paris besonders deutlich sehen – aber sichtbar sind sie allen, die Augen haben, zu sehen, jeden Tag und überall.

Der Imperialismus kann nur muß von all denen gemeinsam und entschlossen gestürzt werden, die unter ihm leiden, an ihm verhungern, verdursten, in seinen Kriegen sterben, an seinen Fernsehserien verblöden: von den Verdammten dieser Erde. Gemeinsam, entschlossen, solidarisch, unnachsichtig, von denen die Unten stehen, gegen die, die oben sitzen.

Rosa Luxemburgs Alternative, vor hundert Jahren für Europa ausgesprochen, gilt heute weltweit: Sozialismus oder Barbarei.

Bertolt Brechts Text “Einer oder alle” – er gilt. Es gibt keinen anderen Weg.

Bertolt Brecht

Einer oder alle

Sklave, wer wird dich befreien?
Die in tiefster Tiefe stehen,
werden, Kamerad, dich sehen,
und sie werden hörn dein Schreien,
Sklaven werden dich befreien!

Einer steht für alle,
Alle stehn für dich.
Einer kann sich da nicht retten.
Gewehre oder Ketten!
Einer steht für alle,
Alle stehn für dich.

Wer, Geschlagner, wird dich rächen?
Du, dem sie den Schlag versetzen,
reih dich ein bei den Verletzten.
Wir in allen unsern Schwächen,
werden, Kamerad, dich rächen.

Einer steht für alle,
Alle stehn für dich.
Einer kann sich da nicht retten.
Gewehre oder Ketten!
Einer steht für alle,
Alle stehn für dich.

Wer, Verlorner, wird es wagen?
Wer sein Elend nicht mehr tragen
kann, muß sich zu jenen schlagen,
die aus Not schon dafür sorgen,
daß es heut heißt und nicht morgen.

Einer steht für alle,
Alle steh für dich.
Einer kann sich da nicht retten.
Gewehre oder Ketten!
Einer steht für alle,
Alle stehn für dich.

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Veröffentlicht unter Theorie

Die EU und der Imperialismus

Antiimperialistische Initiative Nürnberg/Fürth Veröffentlicht am 4. August 2015 von Thomas27. Oktober 2015

Da in letzter Zeit verstärkt Leute aus dem Umfeld der Linkspartei und dem postautonomen Lager versuchen,  uns das imperialistische Projekt „EU“ und den Weg der Syriza als kompatibel mit linker Politik schmackhaft zu machen, hier ein Artikel von Tibor Zenker aus der „Theorie & Praxis“ vom 1. August 2012.

Tibor Zenker ist stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), die aus dem linken Flügel der KPÖ hervorging.
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Tibor Zenker: Die EU und der Imperialismus

„Mit dem Titel „Die EU und der Imperialismus“ liegt ein weites Feld vor uns, das wohl nur teilweise zu beackern sein wird. Einerseits mit einem knappen Überblick über historische Hintergründe, über den Status quo und über Entwicklungstendenzen und -möglichkeiten, andererseits mittels Herausgreifens einzelner Punkte, die von besonderer Bedeutung sind.

Der Imperialismus als Weltsystem im 20. Jahrhundert

Der Imperialismus als System benennt den am höchsten entwickelten Kapitalismus, trotzdem bedeutet seine Herausbildung natürlich nicht das Ende jeder Entwicklung und jeder Nuancierung seiner Inhalte. Der Imperialismus ist in ökonomischer Hinsicht zunächst markiert durch die Bildung großer nationaler Monopole („Konzerne“ wird dies landläufig genannt), die in den nationalen Ökonomien und in der Weltwirtschaft die entscheidende Rolle spielen. Weiters bildet sich das Finanzkapital, was einer Bedeutungssteigerung der Banken und Versicherungen geschuldet ist. Damit einher geht eine Zunahme des Kapitalverkehrs gegenüber dem Warenverkehr, letztlich das scheinbare Primat von Finanzgeschäften, was wiederum auf die permanente Überakkumulationskrise des Kapitalismus zurückzuführen ist. Und die Monopolkonzerne teilen die Welt untereinander auf  … … …“

Hier gehts zum vollständigen Artikel auf Theorie & Praxis:
=> T&P: Tibor Zenker: Die EU und der Imperialismus

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Veröffentlicht unter EU-Europa,Theorie

Lenin zu Imperialismus und Europa

Antiimperialistische Initiative Nürnberg/Fürth Veröffentlicht am 1. August 2015 von Thomas27. Oktober 2015

Damit niemand während der Arbeit am Bildschirm aufstehen und zum Bücherregal gehen muss, hier drei Links zu wichtigen Schriften, die wir in der Diskussion immer wieder mal brauchen:

1a. „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“

1b. „Hefte zum Imperialismus“

Das Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“  wurde im Januar-Juni 1916 in Zürich für den Verlag Parus geschrieben, der im Dezember 1916 in Petrograd gegründet wurde.

Schon lange vor Ausbruch des ersten Weltkriegs stellte Lenin neue Erscheinungen in der Entwicklung des Kapitalismus fest, er deckte einzelne, für die Epoche des Imperialismus charakteristische Züge auf, analysierte sie und verfolgte aufmerksam die neuesten Schriften über den Kapitalismus.

Seit dem Anfang des Ersten Weltkriegs befasste sich Lenin mit einem allseitigen Studium des monopolistischen Stadiums des Kapitalismus. Die Vorarbeiten zum Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“  (LW Bd.22, S.191-309),  die „Hefte zum Imperialismus“ (LW Bd.39),  enthalten Auszüge aus 148 Werken (darunter aus 106 deutschen, 23 französischen, 17 englischen Schriften und 2 russischen Übersetzungen) und aus 232 Artikeln.

Mitte 1917 wurde das Buch unter dem Titel „Der Imperialismus als jüngste Etappe des Kapitalismus (Populärer Abriss)“  mit Lenins Vorwort gedruckt, das mit dem 26. April 1917 datiert war.

 

2. „Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“

Vor 100 Jahren, mit­ten im Ersten Weltkrieg, veröf­fentlichte W.I. Lenin seinen Text “Über die Losung der Vere­inigten Staaten von Europa“. (LW, Bd.21, S. 342-346)

Kern­botschaft darin:
Unter kap­i­tal­is­tis­chen Bedin­gun­gen ist eine Vere­ini­gung Europas nur entweder unter Zwang von oben, also reak­tionär, möglich. Oder gar nicht.

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Veröffentlicht unter Theorie

Unsere Treffen:

Unsere Treffen sind jeden 2. und 4. Mittwoch des Monats, in Fürth im Infoladen Benario, in der Nürnberger Straße 82, ab 19 Uhr

Mail: info[äd]antiimp.red

Wegen der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) müssen alle Youtube-Links dieser Website nach und nach überarbeitet werden! Einige werden noch nicht funktionieren!

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Freitag, 9. November 2018
19:15 Uhr, Nürnberg, in der Villa Leon

Eike Kopf

Eine Veranstaltung der Nürnberger Freidenker!

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23. Linke Literaturmesse in Nürnberg

Achtung: Diesmal auf dem alten AEG-Gelände in der Fürther Strasse 244-d – Mit der U1 Richtung Fürth bis Haltestelle Eberhardshof fahren!

Freitag 2.11. – Sonntag 4.11 2018 Nürnberg

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Demonstration für Syrien in Frankfurt am 2.September:

 

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